Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (2025)

Stern-Combo Meissen

Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (1)
Informationen

Allgemeine Angaben

Erscheinungsjahr:1982
Besonderheiten/Stil:ArtPop; Rock / Pop / Mainstream
Label:Amiga
Durchschnittswertung:10/15 (3 Rezensionen)

Besetzung

Martin Schreierbandleader, vocals
Thomas Kurzhalskeyboards
Michael Behmdrums, vocals
Reinhard Fißlerlead vocals
Uwe Haßbeckerguitar
Peter Rasymbass guitar
Lothar Kramerkeyboard, Titel 1 und 7
Norbert Jägerpercussion, Titel 6

Tracklist

Disc 1
1.Also was soll aus mir werden6.15
2.Der eine und der andere5.05
3.Das Paar9.07
4.Stundenschlag5.03
5.In derselben Bahn3.02
6.El Salvador4.52
7.Leben möcht' ich6.33
Gesamtlaufzeit39:57
Rezensionen

Von: Thomas Schüßler @ (Rezension 1 von 3)

Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (2)

Ein Wort vorweg: mit diesem Album, "Stundenschlag", war für Stern Meissen ihre progressive Zeit abgelaufen. Es finden sich keine seitenlangen Klassikadaptionen oder Synthie-Eskapaden mehr. Stattdessen wenden sich Stern Meissen der anspruchsvollen Popmusik zu. Und obwohl Kollege Ralf J. Günther sich beim Vorgänger "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" über die Texte von Kurt Demmler mokiert, finde ich sie hier recht gelungen und bisweilen sogar nachdenklich stimmend.

Gleich im ersten Song "Also was soll aus mir werden" geht es um den philosophischen Ansatz, was wohl nach meinem Tod von mir bleibt, muß ich etwas Großes leisten, damit man mich in Erinnerung behält. Der Song wird von Bass und Percussion getragen, im Mittelteil gibt es ein Keyboard-Solo über einem Reggae(?)-Rhythmus. Aber keine Sorge, das ist sehr geschmackvoll.

"Der eine und der andere", ein Liebeslied, beginnt mit einem melancholischen Klavierintro, danach wird es poppiger. Hier sind manche Textwendungen unfreiwillig komisch ("Hallo du, süße kleine Maus..."), was der Qualität der Musik aber keinen Abbruch tut. Der Rhythmus ist treibend und die Gitarre darf solieren.

"Das Paar" ist das längste Stück der Platte. Die Grundstimmung ist romantisch. In den ersten zwei Minuten gibt es ein Duett von Klavier und Geige, ehe der eigentliche Song beginnt. Leider wird in der Mitte das Tempo rausgenommen, auch hier wieder ein Gitarrensolo, aber dieser Teil paßt nicht ganz zum Rest. Aber ansonsten ein tolles Stück.

"Stundenschlag" beginnt flott mit pumpendem Bass. Hier sind deutliche New Wave-Einflüsse auszumachen. Synthies und Händeklatschen etc. Textlich wird das Thema des ersten Songs wieder aufgegriffen.

"In derselben Bahn" ist ein etwas schwächerer Song. Im Hintergrund ist ein Mellotron zu hören, aber echte Begeisterung will nicht aufkommen. Dazu ist der Song zu schleppend, aber er ist ja auch der kürzeste.

1980 brach in El Salvador ein Bürgerkrieg aus, der im gleichnamigen Stück thematisiert wird. Leider war im Deutschunterricht in der Schule die Interpretation von Texten nie meine Stärke, aber ein Lied, in dem die unterdrückte Bevölkerung zum Widerstand aufgerufen wird, hört sich für mich ziemlich regimekritisch an. Daß sie da nicht in Konflikt mit der Zensur gekommen sind... Der Song ist sehr funky mit karibischen Percussioninstrumenten, die mir einen Schauer über den Rücken jagen. Hier haben sich Stern Meissen das einzige mal auf der Platte vergriffen, dafür aber richtig.

Dafür kommt jetzt ein ziemlicher Kontrast. "Leben möcht' ich" ist der düsterste Song. Mit sinistrer Stimme wird hier über einem monotonen Rhythmus gesungen, dazu eine Gitarre, die scheinbar ziellos über dem Bass-Schlagzeug-Gerüst herumirrt und Weltuntergangsstimmung verbreitet. Das passt so gar nicht zum Text, der auch wieder auf den ersten Song Bezug nimmt und eigentlich hoffnungsvoll und positiv in die Zukunft blickend gestimmt ist.

Stern Meissen entwickeln sich weiter, gehen mit dem Zeitgeist, ohne sich jedoch selbst zu verraten. Auch wenn moderne Einflüsse aufgegriffen werden, kann selbst ein Progger dem noch gut zuhören. Da es sich aber bei dieser Platte nicht um Prog handelt, soll deshalb von einer Bewertung Abstand genommen werden.

Die Platte an sich dürfte relativ schwer zu finden sein. Allerdings kam 1996 eine recht günstige und gelungene Zusammenstellung auf den Markt, "Hits" mit Namen, auf der immerhin die vier ersten Stücke von "Stundenschlag", die auch die besten sind, vertreten sind.

Anspieltipp(s):Das Paar, Also was soll aus mir werden
Vergleichbar mit:
Veröffentlicht am:27.10.2005
Letzte Änderung:27.10.2005
Wertung:keine als Pop-Platte würde ich eine "11" vergeben, wenn man El Salvador wegläßt

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Von: Holger Grützner (Rezension 2 von 3)

Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (3)

Die Stundenschlag LP ist eine Art Abacab (Genesis) oder 90125 (Yes). In allen 3 Fällen passt das Erzeugnis weder zum Davor noch zum Danach. Überzeugend und enttäuschend in einem.

Ich hätte dieser Besetzung ein geschlosseneres Album zugetraut, aber sie musste wiedermal den Spagat schaffen, zwischen der Vinylnachbereitung älterer Rundfunktitel und neuerer Werke, die von Weiterentwicklung zeugen.

1980 bereits wurde "Also was soll aus mir werden" durch den Äther gejagt. In einer ungewöhnlichen a-capella Version. Ein wunderbarer Demmler-Text in ungewohnt interessantem Minimalarrangement als Nachfolgehit des schwachen "Motor" der 1979er LP. "Der eine und der andere" und "Leben möcht' ich" waren ebenfalls bereits bekannt, als die Platte 1983 in die Läden kam.

1981 war die "Reise zum Mittelpunkt des Menschen" erschienen und hatte sich als schwer verkäuflich erwiesen. Prog war tot. Ins Synthie-Pop-Geschäft wollte man (noch) nicht.

So wurde aus der unplugged vertonten Standortbestimmung "Also was soll aus mir werden" von 1980 eine überraschend frisch instrumentierte Funk-Nummer. Bimbo Rasym war seit RzMdM festes Bandmitglied, fiel da schon positiv auf, sticht aber auf dieser Platte generell hervor. If only his Bass could talk! Level 42? Bootsy Collins? Clarke-Duke-Projekt? The Rasym Rhythm got it all! Mit ihm und Michael Behm hat die Band die absolute Topprhythmussektion der DäDäRätätä.

Behm teilt sich den Gesangspart in "Der eine und der andere" mit Fißler. Track Nummero 2. Dem Song liegt textlich eine genial simple Idee zu Grunde: Der Eine zerbricht sich den Kopf darüber, mit welcher philosophischen Floskel er seiner Angebeteten gegenübertreten könnte, aber da kommt der simpel gestrickte Baubudenrülps ihm zuvor mit dieser Primitivanmache "Hallo du, süße kleine Maus, kommst du mal mit raus, raus an die Luft?" und die Angehimmelte geht doch tatsächlich mit!

Musikalisch erinnert ein Detail dieses Song an "Rat Bat Blue" von Deep Purple. Hier wie dort handelt es sich um ein eher unauffälligeres Stückchen Musik, welches gerade dann, wenn man nichts mehr erwartet, durch Jon Lord bzw. Thomas Kurzhals tastatorisch veredelt wird, weil da so ein Kantatenzitat zum Einsatz kommt, welches doch noch mal aufhorchen lässt.

Dann folgt "Das Paar". Eine ziemliche Progleiche, der ein wirklicher Höhepunkt fehlt. Haßbecker fiedelt Nerviges, und gitarrt Uninspiriertes. Fißler klagt über die Hektik der Welt. Naja. Der Text stammt von Demmler. Was ihn vor der Bedeutungslosigkeit rettet, ist die Sensation, dass die Floskel "zwischen Liebe und Zorn" vorkommt. So hieß der erste Hit von Renft ca. 10 Jahre zuvor. Da hat die Zensur gepennt.

"Stundenschlag", the Rasym Bass part two, der Sound wird wieder flotter, der Text besser. Das Stück war mir immer zu kurz. Mehr davon! Dazu kam es aber nie. "In der selben Bahn" erinnert musikalisch an "Mütter gehen fort ohne Laut" oder "Was bleibt", textlich an das Volkslied "Es waren 2 Königskinder - doch das Wasser war viel zu tief" oder die amerikanische Variante "Running Bear and Little White Dove". Für Frickelspezialisten natürlich Schnulzenalarm - pffff - mir gefällt's.

Next: Rasym part three: El Salvador. Ach wär es doch ein Instrumental! Außer Bass gibt es hier noch Norbert Jägers Percussion zu genießen. Er sollte Norberto Jägerez heißen! Haspes Gitarrensolo ist auch deutlich besser als das Gehudel auf Track 3. Aber leider wird auch gesungen: Einer jener inflationären frühachziger Solidaritätssongs, wie sie Demmler für Rock für den Frieden wie am Fließband schrieb. Natürlich hat man nichts gegen Frieden, aber dieses rhetorische Helfergetue beim staatlich gesponserten Pflichtfestival stieß doch übel auf. Unsere Volvo fahrenden Staatsrocker gebärdeten sich weltrevolutionär, schnell mal so, zwischen 2 Besuchen im Intershop? Das nahm ihnen keiner ab.

"Weingeist mach mir'n Friedenslied! Weil so was bei AMIGA zieht!" reimten Regenwiese aus Dresden untergründig entlarvend zur selben Zeit. Es schien tatsächlich Pflicht zu sein, ein Friedens/Solidaritäts-Lied pro Platte einreichen zu müssen. Mit dem Abstand der Jahre muss ich jedoch auch zugestehen, dass die Strophen gar nicht so schlimm sind, wie '83 wahrgenommen. Es ist sogar eine Meisterleistung, das Versmaß DIESER flippigen Latinonummer anzupassen. Lediglich der Refrain "El Salvador! Schlägt ans Tor! Schlägt ans Tor!" tut noch weh.

Die Platte beschließt "Leben möchte ich", gesungen (oder besser: rezitiert) von Martin Schreier. Wieviele Wir-wollen-/ich-will-/laßt-uns-leben-Songs der zeitgleichen Startbahn-West/Brogdorf/Krefelder Appell Engagiertheit würden Ihnen einfallen? Während der Text sich einerseits als 2. Rock-für-den- Frieden-Beitrag verkaufen lässt und behördliche Pluspunkte bringt, schwingt zum anderen Maffay, Westernhagen, Vera K., Thommie Beier, Wilfried, Grobschnitt - die andere Seite der Mauer - mit. Prog ist es allerdings nicht mehr.

Anspieltipp(s):
Vergleichbar mit:Clarke-Duke-Project oder Abacab mit Level 42 Anteilen
Veröffentlicht am:30.12.2005
Letzte Änderung:5.4.2013
Wertung:10/15
Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (4)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (5)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (6)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (7)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (8)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (9)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (10)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (11)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (12)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (13)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (14)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (15)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (16)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (17)Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (18)
Also was soll/Stundenschlag/in der selben Bahn 13

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Von: Gunnar Claußen @ (Rezension 3 von 3)

Babyblaue Prog-Reviews: Stern-Combo Meissen: Stundenschlag: Review (19)

So, mit dem runden "Jubiläum" von 900 Rezensionen ist mal wieder ein Klassiker dran... oder zumindest ein aus anderen Gründen bemerkenswertes Album. Also, los geht's.

"Stundenschlag" ist natürlich für die Karriere von Stern-Combo Meißen (hier dann nur noch "Stern Meißen" genannt) alles andere als repräsentativ und mag aus Prog-Sicht vielleicht sogar den Abschied markieren - die beiden Nachfolger "Taufrisch" (1985) und "Nächte" (1987) waren uns hier bislang keine Erwähnung wert (und es sieht auch nicht danach aus, dass sich das so bald ändern wird, denn der darauf gebotenen Poprock lässt sich einfach nicht progressiv reden). Und trotzdem hat mich irgendwas an "Stundenschlag" immer fasziniert. Natürlich fängt das beim Titel an, denn über die Wörterbuch-Bedeutung (wenn die Uhr die volle Stunde anzeigt) hinaus assoziiere ich hier (a) eine Stechuhr oder (b) die übertragene Bedeutung im fatalistischen Sinne von "die Stunde hat geschlagen". Und damit sind mal wieder Realismus und Metaphysik zugleich getroffen. Das bedeutet natürlich noch kein Konzeptalbum, aber die Prämisse ist schon mal interessant.

Denn natürlich sind die Texte und Sujets von SCM nach der verquasten "Reise zum Mittelpunkt des Menschen", dem (recht einfältig) historisierenden "Weißen Gold" und dem dazwischen eher unentschlossenen "Der weite Weg" damit auf einer neuen Ebene angekommen: Auf "Stundenschlag" wird samt und sonders die Gegenwart (alias "Moderne") thematisiert, was überraschenderweise auch heute noch genug Identifikation für den Hörer bietet. Da ist die Frage "Also was soll aus mir werden", die zwangsläufig auf die ernüchternde post-adoleszente Feststellung folgt, doch kein Genie, Entdecker oder Künstler zu sein (Kuriosum: Zufälligerweise kam dieses Album im selben Jahr heraus wie Degenhardts "Du bist anders als die andern", dessen Titeltrack von just dieser Illusion handelte). Was übrigens zur damaligen Zeit in Ost und West gleichermaßen gegolten haben muss, wurde doch in der einen Hälfte offensichtlich, dass keine revolutionäre Umwälzung der Gesellschaft zu machen war und stattdessen der sprichwörtlich gewordene "Marsch durch die Institutionen" angetreten werden musste, und in der anderen wiederum, dass das mit Kommunismus und allumfänglicher Gleichheit entgegen aller Versprechungen doch noch etwas dauern könnte.

Die Schwierigkeiten beim Knüpfen zwischenmenschlicher Kontakte wiederum beschreiben "Der eine und der andere" sowie später noch "In derselben Bahn" (letzteres allerdings noch mit ein paar "Living Next Door To Alice"-Anklängen), "Das Paar" beklagt Hektik (und erwähnt mögliche Gegenmittel), "Stundenschlag" als Titeltrack verweist tatsächlich auf das memento mori, und "Leben möcht' ich" schlägt schließlich teils aus der melancholischen Rückschau im Futur II noch einmal den Bogen zurück zu "Also was soll aus mir werden". Das sind alles Themen, die auch 37 Jahre nach Veröffentlichung immer noch (und immer wieder) beschäftigen und nebenher auch klar machen, dass grundsätzliche Fragen des menschlichen Daseins und gegenseitigen Umgangs gar nicht mal so sehr von politisch-wirtschaftlichen Gegebenheiten und Systemen abhängen. Einzig natürlich "El Salvador" steht außerhalb dieses Zusammenhangs, lässt sich aber umgekehrt aus heutiger Sicht sogar noch auf die Rolle von Medien und Nachrichten im globalisierten Kontext münzen: Nichts kann so weit weg sein, dass es uns nicht irgendwie betroffen machen und Haltung abverlangen könnte.

Thematisch ist "Stundenschlag" damit also doch ziemlich konzentriert, was vielleicht schon einen gewissen Reiz ausmacht. Für die Musik dazu gilt das allerdings nur teilweise. In den besten Fällen unterstützt sie die Texte zielführend, wie beispielsweise durch den schon von Holger angesprochenen Bassgroove in "Also was soll aus mir werden" (sowie ferner noch den im Chor gesungenen Refrain) oder den Gegensatz zwischen den Mitteln, mit denen "Der eine und der andere" agieren: Hier die Klavierballade mit flehendem Gesang, da der holprige, aber wesentlich entschlossenere Kollege mit simpler Harmonik, bolzendem Bass und gehenden Klavierakkorden. Ebenso noch: Der tatsächlich unbarmherzig per Bass hämmernde "Stundenschlag", im Refrain dagegen stimmig mit Mellotron aufgewertet, und das opulent mit einem rhythmisch vertrackten Motiv auf Gitarre und Mellotron eingeleitete "Leben möcht' ich". "In derselben Bahn" zieht sich dagegen zu sehr, sodass der Gesang leider über Gebühr schmachtet, und das vergleichsweise fröhliche "El Salvador" mit seinen Karibik-Einfällen und einigen lauen Harmonien (diese "Hey-Hey-Hehey-Oh-Hey"-Passagen in den Strophen) ist ebenfalls eher deplatziert.

Das eigentliche Highlight ist allerdings "Das Paar", das mit seinem Intro aus Klavier, Violine und Bass in jazzigen Harmonien direkt an die Großtaten von UK erinnert - "Nevermore" oder "Rendezvous 6:02" könnten direkt Pate gestanden haben. Der eigentliche Song geht dann vergleichsweise hektisch los, entspannt sich logischerweise für den Refrain, von dem aus es dann nahtlos zurück zum Modus der Strophe geht, und der Instrumentalpart um 5:00 herum wirkt nochmals ähnlich kühl. Tja, und über diesen Umweg offenbart sich dann, dass auch andere Stücke - allen voran "Also was soll aus mir werden" und "Stundenschlag", aber auch der von Holger angesprochene Tempo-Part aus "Der eine und der andere" doch gar nicht so simpel sind, sondern vielmehr eine weitere dieser in der gleichen Zeit an vielen Orten versuchten Aktualisierungen des Progressive Rock darstellen. Natürlich ist das teils auch wieder poppig (wobei SCM hier einen kleinen Schlenker über Soul machen), aber das Endergebnis ist trotzdem hinreichend anspruchsvoll, um wieder und wieder gehört zu werden. Allenfalls der etwas simple 4/4-Discobeat in "Leben möcht' ich" fällt etwas ab, Mellotron, Klavierspielereien und dieses Motiv werden allerdings trotzdem darüber gelegt, was dann wieder etwas verwegen anmutet.

Man sollte "Stundenschlag" also nicht unterschätzen, weder als Früh-80er-Album, noch im Vergleich zu "Weißes Gold" & Co., und schon gar nicht als DDR-Produkt. Denn insgesamt stellt sich - und auch das wäre eine interessante Parallele zu den immer noch ansprechenden Textinhalten - dabei heraus, dass die oft genannte 80er-"Krise" des Progressive Rock ebenso ubiquitär war und keinesfalls an Staats- oder Systemgrenzen Halt machte. Da verwundert es dann auch nicht, dass Versuche, dieses Dilemma zu lösen, auch hier durchaus achtbar waren. Gegen die Vereinnahmung durch den "Mainstream", sprich: Die Verlockungen, auf eingängige und allgemein verständliche Musik zu setzen, konnten sich zwar auch SCM ultimativ nicht widersetzen, wovon wie geschildert "Taufrisch" und "Nächte" zeugen. "Stundenschlag" hält aber als interessantes Zeitdokument noch eine Abart der alten Flaggen hoch und lässt sich damit durchaus als Alternative zu "Duke", "Asia", "Broadsword And The Beast" und "Danger Money" hören.

Anspieltipp(s):Also was soll aus mir werden, Das Paar, Stundenschlag
Vergleichbar mit:UK... na ja, fast ;)
Veröffentlicht am:13.6.2019
Letzte Änderung:4.2.2024
Wertung:10/15
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Nicht durchgängig großartig, aber mit sehr interessanten Ansätzen

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Alle weiteren besprochenen Veröffentlichungen von Stern-Combo Meissen

Jahr TitelØ-Wertung# Rezis
1977Stern-Combo Meissen9.003
1978Weißes Gold12.002
1979Der Weite Weg12.001
1980Reise zum Mittelpunkt des Menschen12.003
1996Live13.503
1996Hits-1
200440 Jahre6.001
2011Lebensuhr10.001
2015Bilder einer Ausstellung - The Rock Version - Live10.001
2024Die Himmelsscheibe von Nebra8.502

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Author: Virgilio Hermann JD

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Birthday: 1997-12-21

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